II Nach einigen Tagen tropfte ein dreckiges, braunes, stinkendes, zähes Etwas aus der Leitung, das offenbar Wasser darstellen sollte. Nach noch einigen Tagen mehr gab es endlich Strom, und ferne Nachbarn jenseits der flach gewalzten Zuckerrohr-Felder nutzten die Gelegenheit, und lieferten fortan Tag und Nacht die Hintergrundmusik zu diesem Film, übertönte das Wummern einzelner StromGeneratoren, an das ich mich inzwischen gewöhnt hatte. Mittels modernster Technik versuchte ich, mich an der Hilfe für die vollkommen verwüstete Nachbarinsel organisierend zu beteiligen, zumal ich dort bereits private Kontakte hatte, denen es glücklicherweise gut ergangen war. Erste Hilfe leisteten private Jacht-Besitzer, deren Schiffe das Inferno heil überstanden hatten. Später wurden Pakete von einem kleineren Inselstaat im karibischen Halbrund per Helikopter eingeflogen, es zirkulierten Listen, was dringlichst gebraucht wurde. Wer einmal gesehen hat, was diese ungebändigten Fluten unbarmherzig mit sich reißen, bekommt Respekt vor der Natur: Riesige Steinblöcke, Komplette Häuser, Autos, Menschen, Tiere. Wenn erste Sturzbäche durch die Wohnzimmer wirbeln, nimmt man sich die Kinder, und rennt bergauf, niemals den Berg hinunter, und verharrt dort die nächsten Stunden. Wir dagegen diesseits der Meerenge hatten unwahrscheinliches Glück gehabt. Es war denkbar knapp. Während immer noch Menschen verzweifelt gesucht wurden, von denen beklagenswerterweise viele niemals wieder auftauchen sollten, lief das Leben im Aussteiger-Paradies für mich an. Ab und an traf ich freundlich lächelnde Menschen, die sich zu Fuß, per Zweirad, oder in ihren Blechbüchsen ihren Weg über die zerfurchten Wege und Straßen bahnten. Langsam kehrte das Leben zurück. Schweinchen Rosalie wachte über Grund und Gefiedertier, einzelne Doktorvögel oder Schmetterlinge wagten sich auf die Suche nach übrig gebliebenen Blüten, Nahrung, oder Nektar. Streunende Hunde schauten vorbei, das Fell zerrupft, einige verletzt, scheue Katzen oder andere Lebewesen ließen ihre Augen für einen Moment scheu und vorsichtig zwischen dem gestrandeten Gestrüpp aufblitzen. In einer Ecke, dort, wo die Bananen einst standen, begann es furchtbar zu stinken. Eine riesige Ratte war von einer Kokosnuss erschlagen worden. Nun, wo ich keine Aufregung oder unmittelbare Aufgabe vor mir hatte, begann ich zu zweifeln. Beklemmende Angst überkam mich für einige Momente, ich fragte mich insgeheim: Was wollte ich eigentlich? Aussteigen – was ist das? Am Strand liegen, Bier trinken, und, wenn ich Hunger habe, Nahrung suchen? Nein, das wollte ich nicht, so war ich nie gewesen. Meine Suche sollte die nach dem einfachen Leben sein, fern der Zwänge unserer Zeit und unserer Gesellschaft. Die Tage vergingen, die Dame, die das Gehäuse und seine Einwohner eigentlich überwachen sollte, hatte sich mit dem letzten Flug vor dem Sturm auf nach Übersee gemacht, wie ich erfuhr. Ein Kerl rief mich aus Europa an, der sich als der wirkliche Besitzer heraus stellte. Ja, er sei bereits auf dem Weg vom Flughafen zu mir. Plötzlich stand er vor mir auf der Veranda, begrüßte mich auf seiner Farm, bedankte sich dafür, dass ich hier aufgepasst habe, und erinnerte mich daran, die Miete pünktlich zu zahlen, er könne mich auch sofort mit dem Auto zur Bank fahren. Das ich Haus und Hof so sauber umhegt hatte, nahm er mir irgendwie übel. Du mich auch, dachte ich mir, und machte mich am folgenden Morgen endlich ans Aussteigen. Wir verstanden uns auf Anhieb nicht. Im folgenden Kapitel wird sich dann weiter herausstellen, wie das Aussteigen einfach nicht klappt, wenn man bei wildfremden Leuten einsteigen will.
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