Montagmittag hackte ich mich gerade mit einer Spitzhacke durch Bambuswurzeln Richtung mutmaßlicher Kreuzungspunkt zweier Abwasserrohre, da steht mein Kollege Bertram (1) hinter mir:
„Christian, Du mußt mir mal eben helfen, das Feuer wieder unter Kontrolle zu bekommen?“
„Hä? Was für ein Feuer?“
„Ja ich wollte den Abschnitthaufen abbrennen, aber jetzt brennt es mir doch n bißchen zu doll.“
Nein, nein das hat er jetzt nicht gesagt. Wir sind in Südfrankreich, es ist Ende September, seit Mai hatten wir ungefähr einen Regentag, alles trocken und staubig, absolutes Feuerverbot, da hat er nicht den Haufen aus Piniennadeln, Schilf- + Bambusabschnitt angezündet. Als ich zu beginn des Jahres dort Schubkarrenweise Piniennadeln ablud, mußte ich mir eine Rampe aus zwei Baugerüstböden bauen, um noch mit der Schubkarre hoch zu kommen. Letztens sägte ich Äste der umstehenden Bäume ab, um noch Bambusabschnitt drauf zu bekommen. Der Haufen ist ca 5 x 3 Meter und geht bis auf 2 Meter in der Mitte hoch. Nein, das hat er nicht getan. Die Rauchsäule vom Grundstücksende hielt mir entgegen: „Doch hat er“.
Wir rannten zum Feuer, Bertram füllte auf dem Weg ein leeres 3 Liter Farbeimerchen im Pool mit Wasser, kam mit 1,5 Liter an, na das hat die Feuersbrunst aber beeindruckt. Hohoho. Kennt ihr dieses knackende, raschelnde, knisternde Geräusch? So klingt es, wenn meine Ziegen durchs Unterholz ziehen, und Sträucherzweige und Schilf umbrechen, um sich an dem feinen Grün zu laben. Oder wenn an einem kalten Wintertag ein muckeliges Feuer im Kamin prasselt. Oder wenn ein gottverdammter Vollidiot die Feuerhölle entfacht. Mir schoß sofort ein Plan B durch den Kopf, wir springen in unsere Autos, und suchen unser Heil in der Flucht. Der Hauseigentümer wohnt in England, bis sie den ausfindig gemacht haben, sind wir außer Landes. Oder haben bei der Fremdenlegion eine neue Identität bekommen. „Korporal, setzen Sie mich weit hinter den feindlichen Linien ab. Ich brauche nur ein Päckchen Streichhölzer, dann heißt es, Feindesland ist abgebrannt. Gut, vielleicht geben Sie mir noch ein Bertram mit, das hat einfach ein natürliches Talent für so was. Das können se nicht lernen.“
Kein Wasserschlauch, keine Eimer mit Wasser, keinerlei Vorbereitungen, muß ihn wohl spontan übermant haben, die Anzündlust. Hoch zum Haus gerannt, größere Eimer geholt. Feuer, Pool, Feuer Pool, die Kondition ließ nach, das Feuer nicht. Ich verabschiedete mich von der Hoffnung, der Wecker würde jeden Augenblick klingeln, ich schweißgebadet in meinem Bettchen erwachen. Und dabei hatte der Tag so harmlos mit Betonmischen angefangen. Der starke Wind (ja, Bertram ist ein Genie) dreht, wenige Meter vorm Feuer schlägt einem eine Rauchwand entgegen, keine Sicht, keine Luft, unerträgliche Hitze, die Eimer schnell ins ungewisse Grau entleert, wieder zum Pool. Wir schaffen das nicht, ich muß einen Schlauch holen gehen. Vom Wasserhahn ging ein kleiner Schlauch zu drei Steuerungssystemen, von dort drei Schläuche zu einem Wasserdruckerhöhungsgerät, von dort 6 Schläuche zu verschieden Sprinklern. Denn der Eigentümer hat einen Traum. Er möchte eines Tages in Südfrankreich auf englischem Rassen Kriket spielen. Das dieser Tag nie kommen wird, müssen wir ihm mal in einer stillen Stunde schonend beibringen. Das Problem ist, wir können erwachsene Männer so schlecht weinen seen. In Amerika gibt es mittlerweile grünr Farbe zum Sprühen für vertrocknete Sommerrasen. Vielleicht tröstet ihn das. Jedenfalls ein Sprinkler steht fast beim Feuer, aber wie auf das System einwirken, daß jetzt nur aus diesem Schlauch Wasser kommt? Mission impossible. Neu legen vom Wasserhahn. Erster Schlauch, zweiter Schlauch, Verbindungsstück? Fuck! Alle Schläuche enden in Geräten oder im Sprinkler. Nur ein Verbindungsstück, für 3 Schläuche. Damit 1. + 2. Schlauch verbunden, an der 3. Öffnung sprudelt das Wasser raus. 3. Schlauch an 3. Öffnung, Schlauch geknickt, ich alte den geknickten dritten Sclauch, Bertram bekämpft mit dem Wasser sprudelnden 2. Schlauch sein „Feuerchen“. Zwei Knoten in den 3. Schlauch gemacht, geknickt, einen schweren Stein auf den Knick gelegt, er hielt dicht, und ich schleppte wieder Wassereimer ran. Irgendwo hatte ich doch einen Feuerlöscher im Haus gesehen, durchs Haus gestürmt, nix. Vielleicht im Jeep des Eigentümers. Vergeblich Schränke nach dem Autoschlüssel durchwühlt. O.K., weiter Eimer schleppen. Trotz all der Hektik nahm ich mir immer wieder die Zeit, zu lauschen, ob das schwere dröhnen der Löschflugzeuge zu vernehmen war. Die hätten Hilfe in der Feuerbekämpfung und uns ins Reich der Probleme gebracht. Ein Feuer auf einem fremden Anwesen gemacht, auf dem Anwesen massive Spuren von Arbeit, nirgends angestellt, nicht als Selbstständig angemeldet. Ich habe mal gelesen, die Menschen fürchteten nicht den Tod, sondern das Vergehen in Vergänglichkeit. Uns wird die Geschichte lange in Erinnerung behalten, die Schwarzarbeiter, die Occitane niederbrannten.
So sehr der starke ständig wechselnde Wind auch unsere Löscharbeiten erschwerte, ich atmete jedesmal auf, wenn er die Rauchsäule zu boden drückte und zerwehte. Langsam bekamen wir das Feuer erst in den Griff, dann aus, wobei wir noch lange qualmende Glutnester bekämpfen mussten. In dem deutlich geschrumpften Abschnitthaufen kam ein Baugerüstboden zum Vorschein. „Den habe ich schon vermißt“ freute sich Bertram. „Naja“ relativierte sich seine Freude als er die Überreste des Gerüstbodens rausgezogen hatte, „sieht auch nicht mehr ganz neu aus“. Am Ende des Arbeitstages beim Zuschließen des Hauses lächelt mich von der Wohnzimmerfensterbank der Feuerlöscher an.
Dienstag und Mittwoch arbeitete ich alleine woanders, Donnerstag wieder mit Bertram dort. Als wir den Garten betreten, kommt uns vom Pool munter ein Bächlein entgegengeplätschert. Bertram: „Oh, da hab ich wohl vergessen gestern das Wasser zuzudrehen.“
Lieber Kunde, wenn es uns nicht gelingt, Ihr Scheiß anwesen abzufackeln, dann fluten wir es halt!
Ansonsten im Süden nichts neues. Doch, die Maus ist tot.
(1) Name aus Mitleid geändert
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