Ich muss gestehen, dass mich die Menge an Mitgliedern in diesem Forum, die das klassische Denkmuster vom H4-Schmarotzer predigen, überrascht - als ob H4 Gott gegeben und in Stein gemeißelt wäre und nicht noch vor gar nicht so langer Zeit es ganz normal war, dass man aus Gründen sozialer Solidarität, dem Mitmenschen, der keine Arbeit hat, aus welchen Gründen auch immer, finanzielle Unterstützung zugesprochen hat, ohne Gegenleistung (Sozialhilfe). Logischerweise müssten die Personen, die den faulen H4-Empfänger verurteilen, dann auch bei Gegenstimmen der Grundeinkommen-Initiative zu finden sein, was für den Traum von einem besseren System sehr ernüchternd ist. Ich finde Götz Werner genial, weil er die Fähigkeit besitzt alltägliches Denken einer konträren Perspektive zu unterziehen. So heißt es bei ihm beispielsweise nicht "Wer nicht arbeitet, kann nichts essen" sondern "Wer nichts isst, kann nicht arbeiten". Auch das Verständnis von Arbeit ist in dieser Diskussion scheinbar sehr differenziert. So ist für den einen Arbeit das, was fremdbestimmtes Angestellten-Verhältnis ausmacht, und selbständige Tätigkeit, die einen erfüllt, ist Berufung, und für den anderen kann sogar ein Sport oder das Musizieren Arbeit bedeuten, nur weil es dafür Geld gibt, und wenn man als Elternteil mit dem Kind zu Hause das gleiche macht, wie es der Lehrer oder die Erzieherin in einer Einrichtung, dann wird hier ebenfalls der Begriff "Arbeit" ganz unterschiedlich verwendet.
Und wenn man bedenkt, dass ein profitorientiertes Unternehmen nie das Wohl der Gesellschaft im Sinn hat, sondern allenfalls das als notwendiges Übel ansieht, weil es auch vom Image lebt, dann kann meines Erachtens nach der Schaden, den ein produktiver Mitarbeiter dieser Firma, der Gesellschaft zufügt, sogar höher sein, als der, den ein Harz4-Empänger verursacht, weil der Harz4-Empfänger gezwungen ist weniger Ressourcen zu verbrauchen, wo hingegen der Arbeiter zum einen seine Firma dabei unterstützt weiter Ressourcen dieser Erde zu verbrauchen und zum Anderen wegen fehlender Zeit und als Lohn empfangenen Berechtigungsscheinen Anspruch bei der Gesellschaft auf Gegenleistung geltend macht (Kita fürs Baby, Pflegehilfe für die Eltern, Hundesitter, Putzhilfe, Koch, Psychotherapeut) und selbst die Nachfragen nach Ressourcen steigert. Schlussendlich aber ist Harz4 keine grundsätzlich Lösung, weil es einen nicht gänzlich befreit. Ich finde aber, dass das Reduzieren monatlicher Kosten in Kombination mit einer Ernte erarbeiteter Früchte ansatzweise das Rezept für freies und selbstbestimmtes Leben sein kann. Ich betrachte - wurde hier im Forum an anderen Stellen bereits ähnlich formuliert - die Früchte (Startkapital) als Freikauf vom System, der erst verdient werden muss. Für mich z.B wäre genug, wenn 10% Jahresrendite mir als passives Einkommen den persönlichen Mindestsatz decken würden. Konkret sieht meine Rechnung so aus:
-monatlich brauche ich zum Leben 1000,- wenn ich nicht zur Miete lebe
-für 120Tsd bekommt man außerhalb von Ballungszentren Häuser mit 2-4 Wohnungen, die bei Vollvermietung bis 10% Rendite erwirtschaften
-Kindergeld und gelegentliche Zusatzverdienste (Ernte, Aushilfe, Nachhilfe, Promotion,..) federn unerwartete bzw. unregelmäßige Ereignisse und daraus entstandene finanzielle Defizite ab (Leerstand bei Mieterwechsel, Reparatur/Ersatz/Instandhaltung, Urlaub,..)
-zusätzlich bildet eine Rücklage in Höhe von einem Jahresbedarf (12000,-) eine Art Notfall-Sicherheitsnetz.
|