Hi Lion und Willkommen im Club
Ich bin vor 3 Monaten Ausgestiegen, wohne in einem kleinen Wohnmobil und reise so durch die Landen. So wie Spenver schon schrieb, habe auch ich nur begrenzte Möglichkeiten, ins Internet zu gehen (und ehrlich gesagt auch nicht jeden Tag den Nerv dazu *g*).
Vllt. kann ich Dir die ein oder andere Frage ja beantworten.
Lion hat geschrieben:
- Geht es Euch jetzt wirklich besser und wann ja warum?
Die Frage nach dem besser gehen kann man so pauschal glaub ich nicht beantworten. Die Frage ist eher, was man von sich selbst und dem Leben erwartet. Ich habe sehr sehr geringe Ansprüche. Mir reichts, wenn ich täglich mein Essen und etwas zu trinken habe. Alles andere, was darüber hinausgeht, ist willkommen, aber kein muss. Und ja, mir geht es besser als zuvor. Ich bin vor meinem Ausstieg auch einem geregelten Leben nachgegangen, Bürojob, nach Feierabend noch unzähligen Hobbys hinterhergerannt, am Wochenende Partys und Feste, für die ich EIGENTLICH keine Zeit mehr hatte. Am Ende des Monats musste ich, trotz ständigem Stress, schauen, was ich mir noch von meinem Geld leisten kann, um die Tage bis zum eintrudeln des Gehaltes über die Runden zu bringen.
Jetzt arbeite ich nur soviel, dass es mir reicht, zum Leben. Und das sind weniger als 400,-€ im Monat! Mit diesem Geld komm ich locker über die Runden. Ich habe zwar keinen Flachbildschirm, keine teure Stereoanlage und keine riesen Wohnung in der ich mich verlaufe, aber, und das ist der Punkt: Ich habe alles, was ich zum Leben brauche, nur mit viel viel weniger Stress. Sollte mir eine Arbeit auf die Nerven gehen, geh ich einfach, ich bin ja nicht drauf angewiesen. Und glaub mir, wenn ein "Arbeitgeber" merkt, dass Du nicht auf ihn angewiesen bist, wirst du plötzlich ganz anders behandelt!
Lion hat geschrieben:
- War das Aussteigen wirklich die Lösung für das Problem?
Dazu müßte erstmal das Problem geschildert werden um Dir sagen zu können, ob es die Lösung für DAS Problem war
Lion hat geschrieben:
- Wie habt ihr den ersten Schritt gemacht oder wie würdet Ihr in jetzt machen?
Du meinst, den ersten Schritt Richtung Ausstieg oder den Ausstieg als solches?
Ich glaub, DEN Schritt gibt es nicht. Es ist ein schleichender Prozess. Als ich gemerkt habe, dass in dem aktuellen System etwas nicht stimmt und die Gedanken darüber immer mehr wurden, macht man sich natürlich erstmal im Internet schlau darüber, ob man als einziger so denkt. Natürlich nicht! Man findet schnell heraus, dass es unzählige Menschen gibt, denen das Kapitalistische System auf die Eier geht und einige davon diesem System den Rücken gekehrt haben.
Als nächstes kommt der Punkt an dem man sich informiert, wie andere den Ausstieg bereits leben. Hier liest man dann vom Leben ohne alles und einem wird bewusst, in welh einem Überfluss man eigentlich lebt. Man schaut sich in seiner WOhnung um und sieht plötzlich Sachen, die man seit Jahren rumstehen hat, sie man eigentlich überhaupt nicht braucht.
Ich habe dann angefangen, langsam aber kontinuierlich meine Wohnung von all dem Ballast zu befreien. Alles, wirklich ALLES raus was ich nicht zum LEBEN brauche. Das ist der Punkt wo man merkt "hey, es geht auch ohne elektrische Zwiebelschneidemaschine". Die nächsten Wochen verbringt man dann damit sich über alles und jeden Gedanken zu machen. Man steht im Supermarkt und fragt sich, ob es wirklich sinnvoll ist, sich aus über 50 verschiedenen Käsesorten die richtige auszusuchen. Man lebt bewusster, hinterfragt Dinge, die man bisher als Selbstverständlich angesehen hat und plötzlich sieht man die Welt wieder mit Kinderaugen. Man geht im Wald spazieren und nimmt sich die Zeit, den Rehen beim fressen zuzusehen, man sieht plötzlich wieder Eichhörnchen rumhopsen, man guckt sich Bäume an, die älter sind als mein Opa und dieser Baum wirkt plötzlich so mächtig und beständig, steckt voller Geschichten...
Ehe man sich versieht LEBT man! Ich kündigte daraufhin meine Wohnung, meine Arbeitsstelle und schmiess alles Gerümpel weg, was man nicht mehr verkaufen konnte, legte mir mein kleines Wohnmobil zu und lebe vergnügt und froh in den Tag hinein. Keine einengenden Vorschriften mehr, kein "ich MUSS ja noch...", kein nicht-erreichbares Lebensziel mehr vor Augen, dass man sowieso nicht erreicht ("damits einem später mal gut geht...").
Ich hoffe, Deine Fragen einigermaßen beantwortet zu haben. Wenn nicht, einfach nochmal nachfragen, aber nicht wundern, wenn ich zum antworten gute drei Wochen brauche
Gruß
Jürgen