Martin1979 hat geschrieben:
Ich hätte an euch mal eine Frage und erbitte mir den notwendigen Ernst bei den Antworten.
Stellt euch folgende Ausgangssituation vor: Ihr seid zwangsgestört und müsst öfters am Tag den Zwängen nachgehen. Seid also mehr oder weniger fremdgesteuert (Kontrollzwänge). Stellt euch vor, Ihr habt auch noch Hautprobleme (Schrunden) und habt täglich schmerzende Hände und Füsse. Dann habt Ihr dummerweise nach dem Abi auf den Arbeitsberater gehört und seid IT-ler geworden. Obwohl Ihr eigentlich eine ganz andere Richtung einschlagen wolltet (Biologie). Nach zehn Jahren Arbeit in der IT habt Ihr euren ersten massiven Zusammenbruch und Ihr seid fast zwei/drei Jahre mit Unterbrechungen und Jobwechseln in Therapie. Im Grunde geht Ihr auch nur noch in diesem Beruf arbeiten, weil Ihr das Geld zwingend für den Lebensunterhalt der Primärfamilie (Frau/Kind) benötigt. Zum Sparen reicht das Geld auch nicht, geschweige denn für große Urlaube oder das Alter. Umschulung geht nicht (nicht kaputt genug),neue Ausbildung geht auch nicht (zu wenig Nettolohn), .... Dann stellt sich auch noch raus, dass vieles in der Familie heimlich gemacht wird. Marke: "Er regt sich dann eh nur auf". Das zieht natürlich Lügenkonstrukte nach sich, in denen sich Familienmitglieder verstricken.
Stellt euch vor, dass so ziemlich alles auf der Strecke bleibt. In diesem Zusammenhang wurde in der Therapie von einem Kuchenmodell ausgegangen, in diesem Modell sollte man in Kuchenstücken eintragen, woher man seine "Energie" bezieht. Einige haben dort Arbeit, Familie, Hobby, etc.. stehen gehabt. Tja .... Stellt euch vor, dass Ihr seit Jahren in
einer Leere lebt und eigentlich nur der Familie wegen den Alltag bestreitet und den Rest des Tages den Zwängen nachgeht oder Zwangsgedanken habt und Selbstzweifel habt. Ohne Familie, ohne Rechenschaft ablegen zu müssen, könnte man doch einfach gehen und sein altes Leben hinter sich lassen und nochmal ganz woanders neu versuchen anzufangen. Aber würde man seine Familie verlassen? Auch wenn die Familie der Auslöser der Zwänge ist und der Grund, warum man sich seit Jahren durch einen Beruf kämpft, den man nicht machen will. Stellt euch vor, Ihr seid eigentlich nur ein netter Kerl, der nichts weiter möchte als glücklich leben und einem Beruf nachgehen, der ihm Spaß macht. Und Ihr stellt fest, dass Ihr Spaß und Freude schon lange hinter euch gelassen habt.
Wo ist der Punkt an dem man sagt, dass es reicht. Und wenn es reicht, was macht man dann, zumal viele Ansatzpunkte leider gescheitert sind.
In diesem Sinne.
Der einzige Moment wo ein Mensch zumindest aus soziologischer Sicht frei ist, ist wenn er aus den vorgegebenen gesellschaftlichen Mustern "transzendiert". Heißt: andere stehen lässt und das macht was er machen will. Mit solchen Zwängen muss das natürlich sehr schwer sein. Du musst da eben raus und die stehen lassen, wenn es wirklich so arg ist. Bringt doch alles nix sonst.