Megalitiker hat geschrieben:
Ich diskutiere auf einem anderem Forum gerade per PN, mit einem Putinversteher und VTler. Der glaubt diese ganze russische Propaganda von der Entnazifizierung. Dabei ist Russland derzeit selber ein faschistischer Staat. Er hält auch Potentaten wie Lukaschenko oder Pingpong die Stange. Da er sich sonst vermutlich mit Gleichgesinnten unterhält, glaubt er, die Mehrheit würde Putins handeln verstehen. Der böse Westen hat ihn in den Krieg getrieben.
Jetzt würde ich gern so viele Statements von Euch wie möglich hören. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Diktator so viele Stimmen bekommt. Der Krieg ist durch nichts zu rechtfertigen und Putin ist alleine Schuld am Tod tausender Menschen.
Das Thema ist schwierig auch, weil es harte Rede- und damit Denkverbote gibt. Erst jüngst wurde das deutsche Strafgesetz totalitärer und bigotter gemacht. Danach ist es jetzt bei Geld- oder Gefängnisstrafe verboten, völkerrechtswidrige Kriege gutzuheißen. Das würde eigentlich bedeuten, dass alle, die etwa den Jugoslavien- oder den Irak-Krieg gutheißen, Probleme bekommen. Doch es stellt - zumindest bisher - ausschließlich auf den Krieg in der Ukraine ab.
Insofern muss man vorsichtig sein was man sagt...
Was die "russische Propaganda der Entnazifizierung" betrifft: In der Ukraine gibt es unzählige Gruppierungen, die hierzulande selbst dem Verfassungsschutz zu rechts - und daher schlicht verboten - wären. Davon haben auch unsere Medien vor dem Krieg immer wieder berichtet. Asow, C14, und einige andere sind so krass rechtsaußen, dass sie sogar in den USA als - und das ist kein Scherz - neofaschistisch/terroristische Vereinigungen geführt werden. Und dort ist man eigentlich sehr tolerant, wenn es um rechtslastige Weltbilder geht.
Um nur ein Beispiel zu bringen: Der Ex-Ex-Generalstaatsanwalt der Ukraine sagte mal, ihm blute das Herz, wenn er Menschen mit blauen Augen und blonden Haaren leiden sähe. Andere, durchaus auch Vertreter der ukrainischen Regierung, sprechen bis heute von Untermenschen und/oder von Abschaum, ja, sogar von "Judenabschaum", wenn sie über Russen reden. Dazu Sprachengesetze, Bürgergesetze für Menschen unterschiedlicher Geburt (und damit unterschiedlicher Bürgerrechte(!)), und ... und ... und ...
Natürlich sind nicht alle Ukrainer Nazis bzw. Faschisten in der volkstümlichen Definition. Aber durchaus einige. Und nicht wenige davon werden ganz offiziell "von Staats wegen" geschützt und gestützt.
All das kann man in älteren Medienberichten des Westens nachschlagen. Es wird erst seit dem Kriegsbeginn vollständig unter den Teppich gekehrt.
Was nun die Kriegsursache betrifft:
Poroschenko, der Ex-Präsident der Ukraine, hat selbst vor ein paar Monaten gesagt, dass man nie vorhatte, Minsk II einzuhalten, sondern dass es von Anfang an dafür gedacht war, Zeit (und Verbündete) für den Krieg mit Russland zu gewinnen.
Minsk II war Russlands "maximaler Kompromiss". (Wir sollten nicht vergessen, dass die USA schon bei Kuba, also 1800km von der eigenen Hauptstadt entfernt, bereit wären, einen Weltkrieg vom Zaun zu brechen. Der Westen wollte aber bis auf 400 km an Moskau heran ... trotz rund 20 Jahren regelmäßiger Widersprüche aus Russland, die man einfach ignorierte.
Und dann gibt es da noch interessante Dokumente und Videos von RAND und STRATFOR, also sehr bedeutenden Think Tanks der USA, die sich zu den US-Interessen positionieren. Dabei geht es um die Gefahr für die Wirtschaftsvorherrschaft der USA, wenn sich das technologiestarke Europa zu fest mit dem ressourcenstarken Russland verbindet...
Glücklicherweise hat es sich ja nun anders entwickelt, nicht wahr?!
In diesem Zusammenhang eine Frage: Drei Flugzeuge auf Hochhäuser und das Pentagon, bei denen zwar fast 4000 Menschen sterben, jedoch ohne weiteren Schäden für Wirtschaft und System, werden zum Anlass genommen, ein halbes Dutzend [s]Kriege[/s], nein, Operationen vom Zaun zu brechen, bei denen mehrere Millionen(!) Menschen getötet, verstümmelt oder dauerhaft vertrieben werden. Eine einzige Rakete auf Polen, bei der zwar 2 Menschen sterben, ansonsten aber nicht viel zerstört wird, löst den NATO-Bündnisfall aus; wenn auch "nur" eine Beratung. Ein Angriff auf (potenziell) wirtschafts- und damit systemrelevante Infrastrukturen für ganz Westeuropa(!) jedoch nur Schweigen und Schulterzucken?
Ganz unabhängig davon, ob man die Pipelines jemals wieder in Betrieb nehmen will oder nicht: Wenn Terroristen ungestraft mitten im Herzen des NATO-Raumes (und die Ostsee ist das mit Abstand bestbewachte Gewässer der NATO) angreifen können, ja, nicht einmal gesucht oder verfolgt werden:
Welches Bild gibt dann die NATO in der Welt ab? Ist das nicht geradezu eine Einladung an Terroristen, dieses Bündnis als sehr ... nun, ... ambivalent wahrzunehmen?
Oh ja, Putin ist ein Arschloch. Und homophob. Und einiges mehr. Aber einfache Schuldzuweisungen wären schon bei Juden, Moslems und Ausländern zu schlicht. Ich fürchte, das ist auch jetzt nicht anders...