Hmmm.. ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob wir hier alle von der "gleichen" Jugend reden. (Davon abgesehen sind die sogenannten Erwachsenen auch nicht mehr, was sie mal waren... und ach!
)
Nein, im ernst. Hoher Verallgemeinerungsgrad. Von welchen Jugendlichen sprechen wir hier genau? Solche, die "ganz brav" sind erscheinen fast als Ausnahme, wenn man die Beiträge hier liest, aber stimmt das? Und was ist "ganz brav"? Systematisiert, systemintegriert, erwartungsgemäß, funktional, "normal"? Diese "Kurve" kriegen doch die Meisten. Hier vor meiner Wohnung ist eine Grünfläche und Herr Müller und seine drei Azubis buddeln lautstark Löcher in die Erde. Landschaftsarbeit. Sie kommen schon noch irgendwann "zur Vernunft" und arrangieren sich mit der "Welt" um sie herum. Hin und wieder schreit mal jemand laut einen Kraftausdruck ohne ersichtlichen Grund. Herr Müller denkt sich zwischenzeitlich "Früher war ich doch genauso" und zündet sich eine Zigarette an. Hütet seine Schäfchen. Es wird geplaudert über das total verrückte Wochenende, das so verrückt war, dass ALLE mitreden können.
Ein weiterer Aspekt: Glaubt hier irgendeiner, dass die, die die ganze Zeit "die Sau rausgelassen" haben, irgendwann später, als "Nicht-Jugendliche" ganz anders sein werden? Oder werden sie einfach nur müde und mürbe vom Alltag, dem Trübsinn, der Hoffnungslosigkeit, der Verlogenheit, der "Kompromisse". Ist ihre Vernunft im Alter mehr als Zynismus, der Ja und Amen zu allem sagt? Zu was wird denn ja gesagt, wenn der Geist der Auflehnung versickert ist und der "Pragmatismus" des Erwachsenenalters übernimmt? Zu dem, was man sowieso nicht ändern kann. Früh übt sich, wer ein Mitläufer sein will. So oder so. In der Jugend, wie im mittleren und höheren Alter.
Mir erscheint das eher, als gehöre das prima zusammen. Herr Müller und seine Azubis. Azubis und Herr Müller. Versteht ihr, was ich meine?
Ich kann mich noch sehr gut an meine Schulzeit erinnern. Ich kann Jägermond voll bestätigen. Bei uns ist es nicht nur einmal vorgekommen, dass Lehrer heulend das Klassenzimmer verlassen haben. Nur, jetzt ist meine Frage. Ich habe nicht mitgemacht, vielleicht als einziger. Ich habe nie mitgemacht. Bei nichts. Total brav. Sogar meine Eltern sind daran verzweifelt, teilweise. Und doch: bin ich nicht gerade deshalb ein Ausbrecher, ein Aussteiger und es schon immer gewesen?
Ich habe mein Selbst schon extrem früh aus "(a)sozialen" Zwängen befreit. Von äußeren Einflüssen abgeschirmt, isoliert. Ich habe gemacht, was ich wollte. Nicht, was andere wollten. Und so verstehe ich auch Morbak und das schätze ich auch sehr an ihr, obwohl ich sie sogut wie gar nicht kenne. Ich finde man muss es gar nicht erstrebenswert finden, was sie konkret meint (z.B. mit Auto knacken), sondern es geht um den Selbstzweck. Es geht darum, frei zu sein. Das ist ganz großartig.
Und das bildet auch meine Pointé: Ich schließe mich nämlich eigentlich gar keinem Vorredner an. Mir ist es egal, ob sich die Jugendlichen bespucken, beschimpfen, kaputt schlagen, mobben (und glaubt mir, das habe ich als krasser Außenseiter am eigenen Leibe erfahren).
Mich beschäftigt eine ganz andere Frage: Was kommt durch so ein Verhalten zum Ausdruck?
Dürfen junge Menschen im Speziellen, sein, was sie sind? Jeder für sich allein? Geht es irgendeinem in der Gesellschaft, irgendeiner Instutition noch darum, die Persönlichkeit eines konkreten, einzelnen Menschen zu stärken, zur Entfaltung zu bringen, auszubilden? Oder ist das alles nur resultierend aus "Anpressdruck", Anpassungszwang, Angst, der sich in den verschiedenen Lebensaltern nur unterschiedlich darstellt, je nach Lebensrythmus, Taktgefühl, Temperament?