Hallo zusammen,
in einem anderen Thread hatten wir ja schon Diskussionen über meinen Ausflug in eine kleine Ökogemeinschaft in Portugal. Nun bin ich nach gut 2,5 Wochen Aufenthalt zurück und wollte gern Feedback geben.
Das Projekt:
http://tribodar.com/en
Tribodar bezeichnet sich als "Holistic Learning Center" und wurde 2010 von 2 Personen plus Kind gegründet. Ziel des Projekts ist es, mehr über Nachhaltigkeit, inneres Wachstum, Permakultur etc. zu lernen und dieses Wissen weiterzugeben.
Inzwischen sind sie auf 4 permanente Bewohner angewachsen, plus 4-6 "halb permanente" Bewohner (schwer genau zu sagen), plus eine wechselnde Anzahl an Besuchern, die mal ein paar Tage, mal ein paar Monate bleiben. Während meines Aufenthalts waren wir ca. 10 bis 15 Personen, aus vielen Ländern wild gemischt.
Eine grundlegende Infrastruktur ist aufgebaut, allerdings alles recht basic. Wer also auf warme Dusche, neuwertige Einrichtung, wassergespültes Klo, Zentralheizung etc. besteht sollte lieber woanders hin.
Da das im anderen Thread auch ein Thema war: Ja, Besucher bezahlen einen Unkostenbeitrag. Dieser ist aber mit ca. 5€ pro Tag mehr als fair, zudem sinkt er je länger man bleibt.
Für mich völlig nachvollziehbar, da dieses Projekt kein Geld verdient, sondern sich allein aus den privaten Einlagen der Gründer aufgebaut hat. Dass diese mich dann als Besucher nicht auch noch voll versorgen ist völlig klar, so dass für mich ein Unkostenbeitrag für Essen, Strom, Wasser, Benzin etc. völlig selbstverständlich ist.
Ganz abgesehen von dem Aufwand den es für sie bedeutet, permanent neue Besucher aufzunehmen, einzugliedern etc.
Ich wurde dort sehr herzlich aufgenommen und hatte nach dem ersten Kulturschock eine tolle Zeit. So habe ich im Garten den ewigen Kampf gegen Unkraut geführt, Esel gebürstet, meditiert, mich im Musizieren und Jonglieren versucht, veganen Eintopf für 15 Personen gekocht, und vor allem viele tolle Personen kennengelernt und Gespräche geführt.
Ein komplettes Tagebuch mit allen Erkentnissen würde hier den Rahmen sprengen, und vieles ist auch zu privat für ein öffentliches Forum.
Bin ich nun nach diesem Aufenthalt ein Experte in Gemeinschaftsleben und Nachhaltigkeit? Sicher nicht. Aber was ich auf jeden Fall als Erkentniss mitgeben möchte:
Wer von einem Leben als Vagabund, Permakulturgärtner oder Gemeinschaftsmitglied träumt (und davon hat es ja einige hier): Macht den PC aus, geht raus und probiert es aus. Gelegenheiten gibt es ja genug, zahlreiche Gemeinschaften in nahezu allen Ländern mit unterschiedlichster Ausrichtung laden Gäste ein.
Denn Fragen wie:
"Bin ich wirklich der Typ der permanent in einer Gemeinschaft leben kann, mit allen Vor- und Nachteilen?"
"Komme ich mit reichlich körperlicher Arbeit, auch bei Mistwetter, klar?"
"Auf welchen Komfort/Luxus kann ich verzichten, und worauf nicht?"
kann man nicht theoretisch am Laptop im Wohnzimmer überlegen. Das muss man einfach selbst ausprobieren.
Vor allem aber bietet es die besten Chancen, sich mit gleichgesinnten Menschen auszutauschen. Man trifft hier nicht diejenigen die seit Jahren frustriert zu Hause sitzen, die Schuld für alles Schlechte in ihrem Leben bei der Gesellschaft, der Politik, dem System etc. suchen und darauf warten, dass sie endlich jemand ans Händchen nimmt und ihnen zeigt wie sie mit möglichst wenig Aufwand durchs Leben kommen.
Sondern solche die mit beiden Beinen im Leben stehen, bewusst diesen Schritt gewählt und nach Wegen gesucht haben, um ihr Leben nach ihren Vorstellungen zu leben.