1. Arbeitslos zu sein ist Deine neue Arbeit.
Die Zeiten, in denen es reichte, einmal im Jahr, höchstens alle 3 Monate, bei Deinem Sachbearbeiter vorbei zu schauen, könnten vorbei sein. Die Fallmanager und Arbeitsberater des JobCenters können Dich ganz nach Gutdünken vorladen. Einmal pro Woche, alle drei Wochen oder auch nur alle drei Monate, ganz wie es beliebt. Sie fordern Nachweise Deiner Eigenbemühungen, also Bewerbungen, Vorstellungsgespräche. Zusätzlich gibt es Profiling-Maßnahmen (meist eine Woche lang) oder Trainingsmaßnahmen, die von 3 Monaten bis zu einem halben Jahr dauern können. Alles ziemlicher Unsinn. Doch keine Bange, jedes Gift hat sein Gegengift. Es gibt bislang unerkannte Krankheiten, die nur darauf warten unter Stresseinwirkung auszubrechen, es gibt Bekannte, die Dich vielleicht für einen Monat beschäftigen mögen - im Rahmen eines Praktikums oder ähnliches. In jedem Fall musst Du damit rechnen, Dich eine Zeit lang ernsthaft für den Bezug Deiner Leistungen anzustrengen. Wenn der Laden erstmal läuft, kann es wieder weniger werden.
2. Das JobCenter ist Dein Feind.
Die Aufgabe des JobCenters, ist es die Arbeitslosenzahlen zu reduzieren. Und zwar ohne Rücksicht auf Verluste. Unter den Angestellten des JobCenters mag es nette, hilfsbereite, kulante Exemplare geben - darauf rechnen darfst Du nie. Daher gilt für Termine auf dem Amt:
- Überlege Dir genau, was Du sagst. Deine Aussage könnte gegen Dich verwendet werden.
- Lass den Sachbearbeiter/ die Sachbearbeiterin reden. Sei stoisch, überlege vor jeder Antwort genau, was klug wäre. Lass vor jeder Antwort drei Sekunden vergehen.
- Lass Dich weder von Freundlichkeit noch von Unverschämtheiten täuschen. Letztendlich geht es um Paragrafen und um Rechte, die uns zustehen, auch wenn die SachbearbeiterInnen davon keine Ahnung haben mögen.
- Versuch nicht, die SachbearbeiterInnen auf einer politischen Ebene zu überzeugen. Es hat erstens keinen Sinn, den falschen Leuten, das Richtige zu erklären. Zweitens ist es möglicherweise unklug, sich als GesinnungstäterIn zu offenbaren. Bleib vorerst lieber unberechenbar.
Viele SachbearbeiterInnen kennen die elementarsten Vorschriften und Gesetze nicht. Sie handeln nach Gutsherrenart. Mit ein wenig Mühe kannst Du ihnen leicht beikommen. Zur Not gehst Du zum Teamleiter oder dessen/deren Vorgesetzten und reichst Beschwerde ein, oder strengst Disziplinarverfahren an.
3. Spiel das Spiel und versuche, die Regeln zu bestimmen!
Interessanter Weise ist der Handlungsspielraum der FallmanagerInnen und SachbearbeiterInnen immens groß. Das meiste ist Verhandlungssache, auch die Anzahl und Qualität der Bewerbungsbemühungen und der Turnus, in dem Du erscheinen musst.
Am Anfang ist es wichtig, die gestellten Anforderungen zu erfüllen, um zu zeigen: Ich habe Reserven, ich breche nicht bei der kleinsten Belastung zusammen. Ich bin keine Wurst.
Wenn Du beispielsweise einen Neuantrag auf Arbeitslosengeld II stellst, dann wird der Fallmanager/ die Fallmanagerin versuchen, es Dir so schwer wie möglich machen, in den Leistungsbezug zu kommen. Sie schicken Dich von Pontius nach Pilatus, fordern z.B. eine Bescheinigung vom Sozialamt Innenstadt, das Sozialamt will eine Bescheinigung vom Wohnungsamt und das Wohnungsamt wieder die Bescheinigung vom JobCenter. Mach es eine Woche oder zwei mit. Dann kommt der Punkt, die Regeln aktiv zu bestimmen und notfalls derbe auf den Putz zu hauen. Mache offensichtliche Unsinnigkeiten nicht mehr mit, raste aus, drohe mit Beschwerden, suche Dir Hilfe etc.
Verlange bei jeden zukünftigen Schritt, eine schriftliche Begründung, warum Du die betreffende Bescheinigung, Bewilligung etc. nicht erhalten hast und was Du tun musst, um sie zu erhalten. Diese schriftliche Begründung steht Dir zu. Verlasse den Raum nicht, bis sie da ist.
4. Kenne Deine Rechte, handle taktisch und strategisch!
Viele reden sich durch eine an Naivität grenzende Gutgläubigkeit um Kopf und Kragen. Du solltest Dir vorher überlegen: Wie ist meine derzeitige Lage, wie könnte sie sich durch den neuen Termin auf dem Amt verschlechtern, wie würde eine Verbesserung aussehen? Überlege Dir eine Argumentationsstrategie, die in Richtung Verbesserung geht. Wir sagen nicht, dass Du unbedingt lügen musst, manchmal ist es jedoch ratsam, nicht alle Karten aufzudecken. Mitunter kommt es nur darauf an, wie man die Realität betrachtet. "Was heißt hier Bedarfsgemeinschaft? Na gut, wir waren gute Freunde, das ist lange her. Jetzt leben wir in längst in Trennung, wollen auseinander ziehen, aber versuchen Sie mal eine neue Wohnung zu finden."
5. Die lange Bank ist des Teufels liebstes Möbelstück.
Wir haben Leute kennen gelernt, die seit Monaten keine Leistungen mehr erhalten haben, weil sie es nicht geschafft haben, die notwendigen Anforderungen - darunter auch völlig unsinnige - zu erfüllen. Die perverse Argumentation des JobCenters: Sie haben die letzten zwei Monate ohne unsere Leistungen überlebt, d. h. sie verfügen anscheinend über stille Reserven (Verwandte, Vermögen, Schwarzarbeit etc.). Wozu brauchten Sie also unsere Hilfeleistungen? Du wirst dann gezwungen, nachzuweisen, wovon Du in den letzten Monaten gelebt hast. (Deine Antwort könnte lauten: Bekannte haben Dir Geld geliehen und fordern es jetzt zurück.)
Wenn Du kein Geld mehr in der Tasche hast, dann muss Dir sofort geholfen werden. Notfalls verlangst Du eine Abschlagszahlung oder einen Vorschuss. Jetzt. Notlage. Eher gehst Du nicht. Und wenn Du gehen musst, dann sofort zum Verwaltungsgericht, wo Du auf Dringlichkeit gegen das JobCenter klagst. Die Sozialhilfe ist - juristisch betrachtet - ein Recht und kein Almosen. Sie fußt auf dem Grundgesetz, Artikel 1("Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.").
6. Übe den aufrechten Gang!
Es gibt viele, die versuchen die Sachbearbeiter auf der emotional-menschlichen Ebene zu beeindrucken. "Mein Lebensgefährte ist unlängst verstorben. Ich bin im Methadon-Programm und habe Hepatitis B. Ich versuche ja alles, aber es klappt nicht." Diese Herangehensweise bringt überhaupt nichts. Die SachbearbeiterInnen sind nach kurzer Zeit völlig abgestumpft und können wahre, von halbwahren und erlogenen Geschichten nicht mehr unterscheiden. Außerdem transportiert das Fahren auf der Mitleids-Schiene eine verhängnisvolle Botschaft: Ich bin ein armes Würstchen und weiß mir nicht zu helfen. Das kann auch heißen: Mit mir kann man es machen. Oder schlimmer noch: Ich brauche jemanden, der mir Feuer unterm Arsch macht.
Unsere Haltung gegenüber dem Amt sollte sein: Wir brauchen weder euer Mitleid noch eure schlauen Tipps. Wir kennen unsere Rechte. Wir reden auf der Grundlage von Paragrafen und Gesetzen, denn nur die bringen uns dazu, überhaupt im Amt zu erscheinen. Unser Privatleben geht die SachbearbeiterInnen nichts an und deren privaten Meinungen interessieren uns nicht. Wenn man meint, mit uns den Larry machen zu können, dann werden wir auf der juristischen und auf anderen Eben kreative Antworten suchen und finden.
7. Never walk alone - Such Dir Beistand und Hilfe!
Das Sozialgesetzbuch 10 (SGB X) regelt die Beziehungen zwischen Bürgern und Behörden. Dort steht unter § 13, 4 folgendes: "Ein Beteiligter kann zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand erscheinen. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit dieser nicht unverzüglich widerspricht."
Wir haben also ein verbrieftes Recht, zu zweit zu erscheinen. Egal ob vor Gericht, beim Staatsanwalt oder beim Arbeitsamt. Gegebenenfalls sogar mit mehreren Personen (der Paragraf ist normativ, nicht numerativ gemeint). Das ist wichtig. Denn damit hast Du Zeugen und BeraterInnen an Deiner Seite. Der Sachbearbeiter wird sich Unverschämtheiten nun eher verkneifen. Der Beistand sollte einen Block und Stift dabei haben und eifrig notieren. Ratsam ist es, eine Rollenverteilung nach dem Schema "Böser Prolet - guter Prolet" einzuhalten. Es macht wenig Sinn, wenn der/die Betroffene sich im Jammern ergeht, während der Beistand auf den Putz haut. Dann wird der Beistand schnell des Feldes verwiesen werden. Besser ist es, wenn der/die Betroffene seiner/ihrer Empörung freien Lauf lässt und Forderungen stellt. Dem Beistand kommt die Rolle zu, die Stimme der Vernunft zu erheben und den/die SachbearbeiterIn auf der sachlichen, juristischen Ebene anzusprechen. Oder einfach nur dabei zu sein, Notizen zu machen und Fragen zu stellen. Du wirst sehen, wie sich das Klima verändert, sobald Du jemanden an Deiner Seite hast.
8. Du bist für den Irrsinn nicht verantwortlich. Und Du bist nicht allein.
Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist wie sie ist, es ist nur Deine Schuld, dass sie so bleibt. Massen-Arbeitslosigkeit, JobCenter, Lohn-Dumping, Leiharbeit, Mietspiegel, Zwangsräumungen, Ein-Euro-Jobs - dahinter steckt nichts als der komplette Schwachsinn und eine völlige Ratlosigkeit der Herrschenden. Du bist eine/einer von Tausenden in Deiner Region und von Millionen auf der Welt, die darunter zu leiden haben. Wenn es gelänge, dass wir uns vor Ort auch nur zu 50 oder 100 Leuten dauerhaft zusammen schließen, dann könnten wir das Arbeitsamt rocken, dann würden wir beginnen, Suppenküchen zu organisieren, Genossenschaften und Kooperativen zu gründen, uns das Leben zurück zu erobern, dass es eine Freude wäre. Wichtig ist, im Kleinen anzufangen. Setz Dich in Bewegung und das Leben kommt auf Dich zu!