Nirgendwo auf der Welt vermehren sich die Menschen so schnell wie zwischen Kairo und Kapstadt. 1,2 Milliarden Menschen bevölkern inzwischen den Kontinent, davon sind rund 70 Prozent unter 25 Jahre alt.
Die Prognosen sind beängstigend: In Uganda, heute rund 34 Millionen Einwohner stark, erwartet die Regierung 2030 bereits 55 Millionen und 2050 sagenhafte 130 Millionen Menschen.
Für Nigeria gibt es Uno-Prognosen, die die Zahl der Einwohner von derzeit 160 Millionen bis zum Jahr 2100 auf 730 Millionen anwachsen sehen. Eine britische Studie aus dem vergangenen Jahr prophezeite dem Land bereits ein "demographisches Desaster".
Im Wüstenstaat Niger liegt die durchschnittliche Kinderzahl bei 7,1, im kleinen Burundi bei 6,8 und selbst im fortschrittlichen Kenia immer noch bei nahezu fünf Kindern pro Frau.
Überall fehlt es an Energie und zunehmend auch an Nahrung
Vor wenigen Jahren noch war das Problem Bevölkerungszuwachs für die afrikanischen Regierungen ein Nicht-Thema. Staatenlenker wie Yoweri Museveni in Uganda propagierten fröhliches Wachstum - schließlich hätten sich auch die britischen Ex-Kolonialherren seit dem 19. Jahrhundert kräftig vermehrt. Mit beträchtlichem wirtschaftlichem Erfolg, wie man schließlich wisse.
Auch in Kenia gibt es noch ungebrochene Anhänger einer rasch wachsenden Kopfzahl: "Die Vorstellung eines dynamischen Kenia mit 85 Millionen Menschen ist eine, die wir begrüßen sollten", verkündete erst kürzlich ein Richter des Obersten Gerichtshofes. Und in einem Gastbeitrag in der Tageszeitung "Daily Nation" hieß es: "Eine geringere Fruchtbarkeit mag die Ökonomie eines weniger entwickelten Landes anfänglich beflügeln, weil dadurch, dass es weniger Kinder gibt, Ressourcen freigesetzt werden, aber langfristig wären die Folgen einer schrumpfenden Bevölkerung desaströs."
Vermutlich wäre im Falle von Kenia schon viel gewonnen, wenn die Bevölkerung nur noch langsam wachsen würde. Doch generell sind die Probleme in vielen Ländern inzwischen so dramatisch geworden, dass sie nicht mehr zu ignorieren sind. Der tropische Regenwald, der sich vor 200 Jahren noch in einem breiten Gürtel vom Kongo bis zum Indischen Ozean hinzog, ist in Kenia und Uganda abgeholzt. In Kenia steht noch ein karger Rest von rund hundert Quadratkilometern, Uganda will gerade ein Drittel seines geschützten Mabira-Waldes für eine Zuckerplantage opfern.
Überall fallen die Bäume, weil in Schwarzafrika noch immer 70 Prozent der Energie mit Holzkohle erzeugt wird. Überall kommen die Regierungen nicht mehr mit dem Bau von Straßen, Krankenhäusern und Schulen nach, überall fehlt es an Energie und zunehmend auch an Nahrung - nicht zuletzt wegen des rapiden Bevölkerungswachstums.
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Der United Nations Population Fund (UNFPA) hat seinen neuen Weltbevölkerungsbericht veröffentlicht. Aus ihm geht hervor, dass sich das Bevölkerungswachstum in fünf der sechs besiedelten Kontinente abgeschwächt hat - aber nicht in Afrika. Auf diesem Kontinent erwartet die Organisation über die Hälfte des weltweiten Bevölkerungswachstums bis 2050 und eine Steigerung des Weltbevölkerungsanteils von 17 auf etwa 25 Prozent.
38 Prozent der afrikanischen Schwangerschaften sind dem Bericht nach nicht von den werdenden Müttern gewollt, geschehen aber, weil keine adäquaten Verhütungsmethoden zur Verfügung stehen. Würde das geändert, dann könnte man nach Ansicht von Renate Bähr, der Geschäftsführerin der der Stiftung Weltbevölkerung, nicht nur das Leben dieser Frauen verbessern, sondern auch den "Druck auf Umwelt und Klima" verringern. In diesem Zusammenhang kritisiert sie, dass das Thema freiwillige Familienplanung kaum auf internationalen Agenden steht (vgl. Stiftung Weltbevölkerung kritisiert Fehlen von Familienplanung).
Tatsächlich ist das Thema Verhütung, das noch in den 1970er Jahren eine wichtige Rolle in Plänen zur Lösung globaler Probleme spielte, heute weitgehend tabuisiert. Wichtige Rollen bei dieser Entwicklung spielten das politische Erstarken fundamentalistischer Christen in den USA und ein übertriebener Kulturrelativismus, der den Schutz archaischer Sitten vor Frauen- und Kinderrechte setzt.