Jiddu Krishnamurti im Gespräch mit Studenten:Wir sind ungebunden", fuhr der Student fort, „und deshalb sind wir keine Heuchler. Natürlich
wissen wir nicht, was wir tun wollen, aber wir wissen, was nicht richtig ist. Wir wollen keine
sozialen und rassischen Unterschiede, wir kümmern uns nicht um all diese törichten religiösen Glau-
bensrichtungen und Aberglauben, wir wollen auch keine politischen Führer - obwohl eine ganz
andere Art von Politik gemacht werden muß, die Kriege verhindert. Aber wir sind wirklich besorgt,
und wir wollen an der Möglichkeit einer totalen Wandlung des Menschen teilhaben. Deshalb stelle
ich noch einmal die Frage: Erstens, was ist dieses Etwas, das uns veranlaßt, uns zu ändern? Und
zweitens, worin besteht diese Änderung?"
Offensichtlich ist die zweite Frage in der ersten enthalten, nicht wahr? Wenn Sie bereits wissen, zu
was Sie sich verändern, ist das überhaupt eine Änderung? Wenn man weiß, was man morgen sein
wird, dann ist das, „was sein wird", bereits in der Gegenwart. Die Zukunft ist die Gegenwart; diebekannte Zukunft ist die Gegenwart, die wir kennen. Die Zukunft ist die modifizierte Projektion
dessen, was jetzt bekannt ist.
„Ja, ich sehe das ganz klar. Es gibt also nur die Frage der Änderung, nicht die verbale Definition
dessen, worin diese Änderung besteht. Wir beschränken uns also auf die erste Frage. Wie ändern wir
uns? Was ist die Triebkraft, das Motiv, die Kraft, die uns bewegt, alle Schranken niederzureißen?"
Nur vollkommenes Nichthandeln, nur die vollkommene Verneinung dessen, „was ist". Wir
verstehen nicht die große Kraft, die in der Verneinung liegt. Wenn Sie die gesamte Struktur der
Regeln und Vorschriften verwerfen, und damit die Macht, die Autorität, die sie beanspruchen, dann
gibt Ihnen eben diese Verneinung die Kraft, die Sie brauchen, um alle anderen Strukturen des
Denkens zu verwerfen - und damit haben Sie die Energie, sich zu ändern! Die Verneinung ist diese
Energie.
„Ist es das, was Sie nennen: dem Ballast der Vergangenheit, also der Gegenwart, zu „sterben"?
Ja. Eben dieses Sterben heißt, neu geboren zu werden. Darin haben Sie die ganze Bewegung der
Wandlung - dem, was wir wissen und kennen, zu sterben.
„Ist diese Verneinung eine positive, entschiedene Tat?"
Wenn die Studenten revoltieren, ist das eine positive, entschiedene Tat, aber ein solches Handeln
ist nur sehr partiell und unvollständig. Es ist keine totale Ablehnung. Wenn Sie fragen: „Ist das eine
positive Tat, dieses Sterben, dieses Verwerfen?" - ja und nein. Wenn Sie als positive Tat ein Haus
verlassen, um ein anderes Haus zu betreten, dann hört es ganz und gar auf, ein positives Handeln zu
sein, denn Sie haben eine Machtstruktur gegen eine andere Machtstruktur eingetauscht, und auch
diese müssen Sie wieder verlassen. Diese ständige Wiederholung, die ein positives Handeln zu sein
scheint, ist in Wahrheit ein Nichthandeln. Doch wenn Sie das Verlangen und die Suche nach innerer
Sicherheit verwerfen, dann ist das eine totale Verneinung, die ein äußerst positives Handeln ist. Es ist
allein dieses Handeln, das den Menschen verwandelt. Wenn Sie Haß und Neid in jeder Form
verwerfen, dann verwerfen Sie die gesamte Struktur dessen, was der Mensch in sich selbst und
außerhalb seiner selbst geschaffen hat. Es ist ganz einfach. Ein Problem ist mit jedem anderen
Problem verknüpft.
„Ist es das, was Sie mit ,das Problem sehen' meinen?"
Dieses Sehen offenbart die gesamte Struktur und Natur des Problems. Das „Sehen" ist nicht das
Analysieren des Problems; es ist nicht das Freilegen seiner Ursache und Wirkung. Alles ist da, ist
sozusagen ausgebreitet wie auf einer Landkarte. Es ist da, damit Sie es sehen können, und Sie
können es nur sehen, wenn Sie keinen Standort haben, von dem aus Sie es betrachten, und das ist
unsere Schwierigkeit. Wir sind engagiert, und innerlich gibt uns das die große Befriedigung,
„dazuzugehören". Wenn wir dazugehören, dann ist es nicht möglich zu sehen; wenn wir
dazugehören, werden wir irrational und gewalttätig; und dann wollen wir die Gewalt dadurch
beenden, daß wir zu etwas anderem gehören. Und so sind wir in einem Teufelskreis gefangen. Und
das ist, was der Mensch seit Millionen von Jahren getan hat, und er nennt das vage „Evolution".
Liebe kommt nicht am Ende der Zeit. Entweder sie ist jetzt da - oder überhaupt nicht. Und die Hölle
ist, wenn sie nicht da ist, und die Hölle zu reformieren ist nichts anderes als ein Ausschmücken die-
ser Hölle.
Ich denke ich werde Bettelmönch auf der Strasse ,ich möchte so wenig wie möglich mit dieser kranken Gesellschaft zu tun haben.
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